Wie umweltbewusst sind die Deutschen?
Seit 1996 erhebt das Umweltbundesamt alle zwei Jahre Daten zu Umwelteinstellungen und -verhalten, die im Zusammenhang mit gesellschaftlichen Entwicklungen betrachtet werden und eine wesentliche Grundlage für die Gestaltung von Umweltpolitik und Umweltkommunikation sind.
Die Ende Juli veröffentlichten Ergebnisse zum Umweltbewusstsein der Deutschen belegen ein hohes Interesse und eine solide Informiertheit zum Thema Klimawandel und Klimaschutz innerhalb der deutschen Bevölkerung.
Im Vergleich mit anderen Themen liegt der Umwelt- und Klimaschutz mit dem Zustand des Bildungswesens (von 78 Prozent als „sehr wichtig“ benannt), dem Zustand des Gesundheitssystems (73 Prozent), sozialer Gerechtigkeit (66 Prozent) und dem Verlauf und den Folgen der Corona-Pandemie (62 Prozent) im Feld der gesellschaftlichen Themen, die 2020 als am wichtigsten eingeschätzt wurden.
65 Prozent halten den Umwelt- und Klimaschutz für ein sehr wichtiges Thema - trotz Corona.
Vor allem der Klimaschutz bleibt während der Pandemie für 70 Prozent genauso wichtig, für 16 Prozent ist er noch wichtiger geworden.
Etwa drei Viertel der Befragten sind sehr (27 Prozent) oder ziemlich (47 Prozent) am Thema interessiert. Ca. zwei Drittel schätzen ihren eigenen Informationsstand als gut (52 Prozent) oder sehr gut (8 Prozent) ein.
Gut drei Viertel der Befragten betrachten ausschließlich (14 Prozent) oder vor allem (63 Prozent) menschliches Handeln als Ursache für den Klimawandel an. Etwa ein Fünftel (19 Prozent) sieht das Handeln der Menschen als gleichwichtige Teilursache des Klimawandels. Lediglich ein kleiner Teil der Befragten glaubt, dass der Klimawandel vor allem auf natürliche Prozesse zurückzuführen ist (vier Prozent) oder dass es keinen Klimawandel gibt (ein Prozent).
In der eigenen Stadt oder Gemeinde sind es 73 Prozent, die den Zustand der Umwelt positiv bewerten.
Nur elf Prozent schätzen die weltweite Umweltqualität als gut ein, während 89 Prozent sie als eher schlecht oder schlecht einstufen.
Ein Großteil befürwortet einen größeren Stellenwert des Umwelt- und Klimaschutzes in anderen Politikfeldern – vorwiegend in der Energiepolitik (70 Prozent), der Landwirtschaftspolitik (59 Prozent), der Städtebaupolitik / Stadt- und Regionalplanung (57 Prozent) sowie der Verkehrspolitik (51 Prozent) sollte Umwelt- und Klimaschutz eine übergeordnete Bedeutung haben.
Die besonders kritische Bewertung des Handelns der Bundesregierung hat sich leicht abgemildert: Während 2018 nur 14 Prozent der Befragten meinten, die Bundesregierung tue „genug“ oder „eher genug“ für den Umwelt- und Klimaschutz, stieg dieser Wert auf 26 Prozent im Jahr 2020.
Bezogen auf die Städte und Gemeinden waren im Jahr 2020 34 Prozent der Befragten mit dem Handeln zufrieden. Von Industrie und Wirtschaft meinten 16 Prozent (bis 2019 nur „Industrie“, mit 11 Prozent), dass sie genug täten. Bei den Bürger*innen waren es 21 Prozent.
Beim Klimawandel wird das Handeln der Menschen mehrheitlich als Hauptursache gesehen.
Im Handlungsfeld Ernährung und Landwirtschaft sehen die Befragten deutliche Defizite und damit großen Handlungsbedarf hinsichtlich einer stärkeren umweltverträglichen Ausrichtung. Dies betrifft allen voran die Ziele „Verpackungsmüll reduzieren“ (93 Prozent), „für weniger Lebensmittelabfälle sorgen“ (89 Prozent), „den Rückgang der Artenvielfalt aufhalten“ (86 Prozent) und „das Wohlergehen von Nutztieren gewährleisten“ (85 Prozent).
Gefragt nach möglichen Maßnahmen für eine umweltverträglichere Lebensmittelversorgung und -herstellung gab es mehrheitlich eine deutliche Zustimmung, diese umzusetzen: „Verschärfung der Anforderungen an Verpackungen“ (93 Prozent), „Stärkung regionaler Wertschöpfungsketten“ (96 Prozent), „Reduktion des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln und Pestiziden“ (93 Prozent), „Einführung eines einheitlichen Tierwohl-Gütesiegels“ (92 Prozent) und „stärkere Förderung des Ausbaus der ökologischen Landwirtschaft“ (92 Prozent). Geringste Zustimmung gab es zur Maßnahme „das Angebot an vegetarischen und veganen Speisen in Kantinen und Restaurants verbessern“ (63 Prozent).
Im Verkehrs- und Mobilitätsbereich wird ein großer politischer Handlungsbedarf gesehen. 80 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass nicht genug dafür getan wird, dass „die Alltagswege praktikabel und bequem ohne Auto zurückgelegt werden können“. Auch mit den Anstrengungen, um „die Treibhausgasemissionen durch den Verkehr reduzieren“ (80 Prozent) oder „Luftschadstoffe wie Stickoxide und Feinstaub zu verringern“ (75 Prozent), ist eine Mehrheit nicht zufrieden. Auch dafür, dass „die Alltagswege kostengünstig zurückgelegt werden können“ (81 Prozent), werde laut Befragung nicht genug getan.
Breite Zustimmung ist zu den vorgestellten Maßnahmen für einen sozial-ökologischen Wandel bei der Mobilität zu verzeichnen. Klar befürwortet werden ein kostengünstigerer öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV; 93 Prozent) sowie Verbesserungen beim ÖPNV-Netz und seiner Taktung (89 Prozent), mehr Radwege und Fahrradstreifen (84 Prozent) sowie ein Tempolimit von 130 km/h auf Autobahnen (64 Prozent).
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Alexandra Hildebrandt und Claudia Silber: „Kein Öko-Bonus!“ Nachhaltigkeit als Kerngeschäft am Beispiel der memo AG. In: Klimawandel in der Wirtschaft. Warum wir ein Bewusstsein für Dringlichkeit brauchen. Hg. von Alexandra Hildebrandt. SpringerGabler Verlag. Heidelberg, Berlin 2020, S. 289-296.