Maximilian Pollux zu Gast im XING Podcast Work Exposed.

„Wir verlieren begnadete Unternehmer·innen“ – Warum Ex-Gefangene mehr können, als ihr Lebenslauf verrät

Viele Ex-Straftäter denken unternehmerisch – steckt darin eine riesige ungenutzte Chance für die Gesellschaft? Maximilian Pollux im Work Exposed Podcast.

Wie würde Dein Leben aussehen, wenn Du nach zehn Jahren Haft plötzlich wieder frei wärst und Dir niemand mehr sagen würde, wann du aufstehen, essen und arbeiten sollst?

Maximilian Pollux kennt die Antwort. Er saß zehn Jahre wegen Raubüberfällen und Drogenhandel in Haft. Heute ist er Anti-Gewalt-Trainer, SPIEGEL-Bestseller-Autor, Podcaster und Gründer des SichtWaisen e.V. – einem Verein, der mit Jugendlichen arbeitet, die genau da stehen, wo er früher stand. Und trotzdem sagt er über die Zeit nach seiner Entlassung:

Ich war erst mal gar nicht fähig zu arbeiten. Ich war so krank durch die Traumatisierung vor und während der Haft, dass an einen normalen Arbeitsalltag nicht zu denken war.
Maximilian Pollux, Ex-Sträfling, Gründer und SPIEGEL Bestseller-Autor

Was das über die Maßnahmen zur Resozialisierung und über unseren Arbeitsmarkt aussagt – darum geht’s in Teil 2 von unserem Work Exposed Podcast.

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Resozialisierung auf dem Papier vs. Realität nach der Haft

In Deutschland ist im Strafvollzugsgesetz festgeschrieben: Haft soll auf ein Leben in Freiheit vorbereiten. Rehabilitieren. Resozialisieren. Wiedereingliedern. In der Praxis heißt das jedoch oft: Menschen werden entlassen und stehen am nächsten Tag vor dem Nichts: kein Personalausweis, keine Wohnung, kein Konto, kein geregelter Tagesablauf und null Routine im Umgang mit Behörden.

Ohne Konto keine Wohnung. Ohne Wohnung kein Job. Und ohne Job? Sehr viel Risiko, wieder da zu landen, wo alles angefangen hat.
Maximilian Pollux, Ex-Sträfling, Gründer und SPIEGEL Bestseller-Autor

Wie sich das anfühlt und welche bürokratischen Hürden es einem als Ex-Häftling zusätzlich schwer machen, in Freiheit Fuß zu fassen, darüber sprechen wir im Detail in der Folge. Wenn du verstehen willst, warum Resozialisierung oft schon an Basic-Dingen scheitert, hör da unbedingt rein.

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Unsichtbare Hürde Nummer 1: psychische Gesundheit

„Du kommst frei. Dann kannst du Dir wie allen anderen doch einfach einen Job suchen.“ Was im ersten Moment so logisch wie einfach klingt, geht nach wie vor stark an der Realität vorbei, erzählt Max im Podcast. Schon die Fahrt mit der U-Bahn, Menschenmassen, Reize, Geräusche – all das ist nach zehn Jahren geschlossener Welt kein Hintergrundrauschen, sondern ein Vollangriff auf das Nervensystem. Max erzählt im Gespräch, wie ihn allein ein Termin im Jobcenter komplett an seine Grenzen gebracht hat. Der Amtsarzt stuft ihn schließlich als arbeitsunfähig ein. Nicht weil Max nicht arbeiten will – sondern weil er nicht kann.

Genau hier zeigt sich eine zentrale Botschaft der Folge: Resozialisierung ohne psychische Stabilisierung funktioniert nicht. Bevor jemand im Büro oder in der Werkstatt performen kann, muss diese Person überhaupt erst mal in der Lage sein, einen Tag in Freiheit zu strukturieren, mit Reizen umzugehen, Termine wahrzunehmen und Verantwortung zu tragen.

Welche Rolle dabei eine einzelne Vermittlerin und Max privates Umfeld für ihn gespielt haben, erzählt Max er sehr persönlich im Podcast.

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Maximilian Pollux zu Gast bei Work Exposed.

„Viele von uns sind keine Arbeitnehmer·innen, sondern verlorene Unternehmer·innen."

Ein weiteres Problem, so Max: Vorurteil und starre Systeme. „Gerade in der Drogenkriminalität gibt es sehr viele begnadete Unternehmer. Die verlieren wir als Gesellschaft – nur weil Selbstständigkeit so außerhalb ihrer Reichweite liegt.“, sagt er und erklärt genau, was er meint:

Wer früh in illegale Geschäfte einsteigt, lernt oft genau die Skills, die im „normalen“ Wirtschaftsleben gebraucht werden: Strukturen aufbauen, Geldflüsse managen, mit Risiko umgehen, Deals machen. Statt diese Fähigkeiten bewusst in legale Bahnen zu lenken – etwa durch Gründungsprogramme, Coaching oder gezielte Förderung –, presst das System Menschen nach der Haft in starre 08/15-Beschäftigungsverhältnisse. Und alle wundern sich, wenn es für beide Seiten nicht passt, so Max.

Wie Max selbst den Weg in die Selbstständigkeit gefunden hat und warum das laut seiner Jobcenter-Vermittlerin ein extrem seltener Weg ist, erfährst du ausführlich in der Folge.

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Arbeitserfahrung: 10 Jahre Haft – Radikale Ehrlichkeit oder radikal Leugnen?

Und so stellt sich für viele Ex-Sträflinge die Frage: Wie offen gehe ich bei einer Bewerbung mit meiner kriminellen Vergangenheit um? Muss ich nach der Haft offen sagen, dass ich vorbestraft bin?

Juristisch ist es einfach: Nur in bestimmten Berufen (z. B. mit Führungszeugnis) musst Du Deine Vergangenheit offenlegen, erklärt Max im Podcast. In vielen anderen Bereichen kannst Du Deine Zeit in der JVA im Lebenslauf verstecken – zum Beispiel, weil die Ausbildung nicht unter „JVA XY“, sondern unter einem neutralen Betriebsnamen läuft.

Aber psychologisch? Wer mit einem „Geheimnis“ in den Job startet, lebt mit der ständigen Angst, dass es irgendwann zufällig rauskommt. Auf der anderen Seite riskierst du im Bewerbungsprozess sofort aussortiert zu werden, wenn du deine Geschichte offenlegst.

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Was heißt das für dich – als Berufseinsteiger:in, Kolleg:in oder Führungskraft?

Ein paar Learnings aus dieser Folge:

  1. 🛟 Resozialisierung ist kein Nice-to-have, sondern Sicherheitspolitik.
    Es geht nicht nur darum, dass es Ex-Gefangenen „besser geht“, sondern darum, dass sie nicht wieder straffällig werden. Arbeit ist ein Schlüssel – aber erst nach einer Stabilisierung.

  2. ✨ Psychische Stabilität ist Voraussetzung für Leistung.
    Wer zehn Jahre eingesperrt war, kämpft nicht nur mit Lücken im Lebenslauf, sondern mit Traumata, Überforderung, Entwurzelung. „Reiß dich mal zusammen“ ist ein Beschleuniger der Rückfallquote.

  3. 🏅 Talente erkennen, statt nur Risiken zu sehen.
    Ja, das Risiko eines Rückfalls existiert. Aber hinter einer Vorstrafe steckt nicht nur Gefahr, sondern oft auch eine verborgene Chance: Resilienz, Führungsskills, Risikobereitschaft. Die Frage ist: Wer traut sich, diese Ressourcen zu nutzen?

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